Lucky und Elfi
Neben den Welpen, die im Frühjahr zu uns kommen und im Herbst wieder ausgewildert werden, leben in der Auffangstation vier Dauergäste. Lucky, Elfi, Leica und Tamina. Nachfolgend die Geschichte dieser Füchse:
Fuchsrüde Lucky
Lucky wurde 2007 in Freiheit mit weiteren Geschwistern in der Gegend um Prien am Chiemsee geboren.
Noch ganz jung gelangte Lucky zusammen mit einer seiner Schwestern in menschliche Obhut, vermutlich unfreiwillig.
Die genauen Hintergründe dieser Geschichte sind nicht bekannt.
Sicher ist, dass Lucky 2 Jahre danach vom Veterinäramt beschlagnahmt wurde. Lucky und seine Schwester sollen bis dahin in einem Kellerraum gehalten worden sein.
Vom Veterinäramt wurde Lucky an einen Tierpark übergeben, er zog dort in ein knapp 100qm großes bzw kleines Gehege ein.
Aufgrund all der neuen Eindrücke, Sonnenlicht, Gras, Natur und ungewohnte Geräusche wirkte Lucky in den ersten Monaten sehr verstört, apathisch und überfordert.
Es gab deswegen sogar die Überlegung, Lucky einzuschläfern.
Durch einen Zufall wurde ich zu dieser Zeit auf Lucky aufmerksam und bekam von der Tierparkleiterin die Erlaubnis sowie einen Schlüssel, um Lucky jederzeit besuchen zu dürfen.
Freundschaft haben Lucky und ich sehr schnell geschlossen, schon beim zweiten Besuch kam er um mich zu beschnuppern. Ich war darauf eingestellt, dass es Monate dauern würde.
Von da an haben Lucky und ich uns mindestens einmal pro Woche gesehen. Und von Anfang an war mein Wunsch, dass er es mal schöner haben sollte. Denn wirklich zufriedenstellend war die Unterbringung im Tierpark nicht.
Lucky ist Menschen gegenüber ungewöhnlich aufgeschlossen. Im Welpenalter sind Füchse nur wenig scheu, aber auch bei der liebevollsten Handaufzucht verwildert der Fuchs im Alter von etwa 4-6 Monaten wieder. Der Versuch, einen Fuchs zu "zähmen" ist von Vornherein zum Scheitern verurteilt und mündet zuverlässig in einer Sackgasse. Auf Kosten des Tieres.
Lucky und Elfi sind dafür zwei Beispiele.
Dank Lucky hab ich sehr viel über Füchse gelernt und oft genug erfahren dürfen, dass er weitaus raffinierter ist, als man zunächst denken würde. Ausserdem hat Lucky ein sehr gewinnendes Wesen, was jeder bestätigen wird, der ihn kennengelernt hat.
Durch seine unumstößliche Gutmütigkeit und sein ruhiges Verhalten ist Lucky der ideale Ziehvater für verwaiste Welpen.
Fuchsfähe Elfi
Elfi ist zwei Jahre älter als Lucky. Bekannt ist, dass Elfi im Welpenalter von einem Tierheim an eine Privatperson vermittelt wurde. Dort lebte Elfi ihre ersten 6 Jahre in einem kleinen Schuppen.
Als sich der Besitzer umzugsbedingt von Elfi trennen musste, unterstützte der Tierschutzverein Augsburg bei der Suche nach einer neuen Unterkunft.
Und so kam es, dass Elfi 2011 zu Lucky in denselben Tierpark kam, und im Herbst 2012 zu mir.
Elfi ist bis heute eher scheu, zerkaut gerne Kabel und andere Dinge, wenn sie sich unbeobachtet fühlt, ist relativ gesprächig, schimpft gerne, ist wählerisch aber doch verfressen, auch wenn man ihr das nicht ansieht. Ausserdem, ist sie topfit, hübsch und -wie wohl jeder Fuchs- immer wieder für eine Überraschung gut.
Auch Elfi schlüpft bei der Aufzucht der Welpen in die Mutterrolle, versorgt die jungen Füchse mit Futter und gesteht ihnen im Umgang eine gewisse Narrenfreiheit zu, die sie sich von einem erwachsenen Fuchs niemals bieten lassen würde.
Lucky und Elfi leben eher nebeneinander, als miteinander. Man akzeptiert sich gegenseitig.
Eng befreundet sind die beiden nicht.
Elfi ist am 15. August 2017 an den Folgen einer Tumorerkrankung gestorben.
Sie wurde zwölfeinhalb Jahre alt.
Fuchsfähe Leica
Leica soll 2005 geboren worden sein. Sie wurde als kleiner Welpe mutterlos aufgefunden, und von einem Mann in Niederbayern aufgenommen, versorgt und aufgezogen.
Statt Leica nach dem Heranwachsen wieder auszuwildern, verbrachte sie ihre ersten Jahre in einem nicht mehr genutzten Hühnerstall und durfte gelegentlich mit an der Leine spazieren gehen.
2014 kam dort ein weiterer Fuchswelpe hinzu, das Fuchsmädchen Spirli.
Spirli und Leica lebten zuletzt zusammen mit einer Katze im Wohnzimmer. Als der Mann, die einzige Bezugsperson der beiden Füchse, im Frühjahr 2016 überraschend gestorben war und der Hof damit leer gestanden hat, musste für die Füchse eine andere Lösung her.
Ich hatte mich bereit erklärt, die beiden zumindest vorübergehend bei mir aufzunehmen, um durch Beobachtung verschiedene offene Fragen zu klären.
Wie scheu sind sie anderen Menschen gegenüber ?
Kann die noch recht junge Spirli ausgewildert werden ?
Kommen die beiden nach all den Jahren in einem Wohnzimmer mit der Unterbringung in einem Gehege überhaupt zurecht ?
Spirli erwies sich als extrem scheu, und auch sonst sprach bei der 2-jährigen Füchsin alles für eine Auswilderung. Nach wenigen Monaten bei mir wurde sie in die Freiheit entlassen.
Leica hat sich bei mir bestens eingelebt, wenn sie auch von meinen Dauergästen die vorsichtigste ist.
Fuchsfähe Tamina Im Juni 2016 wurde ich von einem Waldkindergarten angerufen. Es würde dort unter einem Bauwagen ein Fuchs liegen, dem man sich bis auf wenige Meter nähern kann, und der keinen gesunden Eindruck macht. Fuchsrüde Paulchen (nicht hier lebend) Paulchen wurde 2015 als Welpe an seinen ersten Lebenstagen von einer Familie in Leipzig aufgenommen und dort in der Wohnung groß gezogen. Und wie es überhaupt zur Entstehung der Fuchsauffangstation gekommen ist Zum einen musste ich schon sehr früh feststellen, dass es für in Not geratene Welpen kaum eine Anlaufstelle gibt, geschweige denn eine artgerechte Unterbringung mit der Möglichkeit zur Wiederauswilderung. Der dringende Bedarf an einer solchen Einrichtung war mehr als offensichtlich. Daher reifte bald der Entschluss, daran etwas zu ändern. Ich begann Geld für eine eigene Fuchsauffangstation beiseite zu legen und suchte nach dem geeigneten Grundstück. Im September 2012 entstand dann endlich das eigene Gehege. Schon einige Wochen vor Fertigstellung sind Elfi und Lucky bei mir eingezogen. Denn außer mir hat die beiden Füchse im Tierpark ohnehin kaum jemand gesehen.
Dort angekommen konnte ich die Füchsin letztlich mit bloßen Händen und einem schnellen Griff in den Nacken packen, und sie in die Transportbox schieben.
Tamina war stark untergewichtig, zeigte wenig Scheu, wirkte etwas verwirrt und wacklig auf den Beinen. Ihr ganzes Verhalten war völlig atypisch und gab uns lange Zeit große Rätsel auf.
Zusammen mit dem Tierarzt haben wir versucht mehrere Krankheitsursachen auszuschließen. Am Ende deutete dann alles auf eine Toxoplasmoseinfektion hin.
Toxoplasmose geht von der Hauskatze aus. Katzen scheiden Eier dieses Erregers aus, die von Nagetieren wie Mäusen oder Ratten aufgenommen werden.
Bei Katzen verläuft die Infektion ohne Symptome, bei den Nagern allerdings führt Toxoplasmose zur partitiellen Schädigung des Gehirns. Letztlich verliert die Maus ihre Scheu vor Katzen.
Darüber hinaus können weitere Verhaltensveränderungen auftreten. In extremst seltenen Fällen können Füchse auf ähnliche Weise daran erkranken.
Tamina hatte über Wochen hinweg Schwierigkeiten mit der Koordination, schon ein Absatz von 30cm Höhe war für sie unüberwindbar.
Nach vielen Wochen hat Tamina die Krankheit überstanden, und hat sich wieder weitgehend in ein normales Fuchsleben zurückgekämpft. Mehr, als wir es für möglich gehalten hätten.
Es bleibt aber eine leichte Form geistiger Behinderung zurück, ihr Geruchssinn ist stark geschädigt. Vollkommen gesund wird Tamina nicht mehr. Eine Wiederauswilderung ist nicht möglich.
Auch wenn Tamina mit dieser seltenen Erkrankung eine Besonderheit ist, braucht sie keine Sonderbehandlung. Der soziale Kontakt zu all den anderen Füchsen ist ihr wichtig. Und das insbesondere zu den Jungfüchsen, die sie selbstlos wie kein anderer mit Futter versorgt.
Schätzungsweise wurde Tamina im Jahr 2013 oder 2014 geboren.
Wie so oft wurde auch in diesem Fall aus einem "besonders gut gemeint" ein "alles völlig falsch gemacht".
Der junge Fuchs durfte mit im Bett schlafen, saß abends auf der Couch mit der Familie vor dem Fernseher. Sozialkontakte hatte er weder zu Artgenossen noch zu anderen Tieren.
Dieser Zustand hielt bis zum August des Jahres seiner Geburt an, Paulchen verbrachte also die gesamte Prägephase in diesem Umfeld.
Letztlich hat man es damit geschafft, eine natürliche Entwicklung zu unterbinden. Was dann bleibt ist ein junger, gesunder Fuchs ohne die geringste Chance in der Freiheit, bei dem eine Haltung in der Wohnung unmöglich geworden ist.
Paulchen war nur für eine Stunde bei mir, nachdem er mir aus Leipzig gebracht wurde. Ursprünglich war dessen Auswilderung von einer Zwischenstation im Allgäu aus geplant.
Dass die Möglichkeit einer Auswilderung im Fall Paulchen höchst unwahrscheinlich erscheint, haben wir zwar noch am selben Tag realisiert. Aber da hatte ich ihn bereits schon ins Allgäu gefahren, denn bei mir war die Grenze der Kapazität erreicht.
Die Leute im Allgäu begannen kurz darauf, für Paulchen ein Außengehege zu bauen, das er zusätzlich zu einem umfunktionierten Lagerraum nutzen kann.
Bedingt durch die sehr spezielle Vorgeschichte von Paulchen ist er im Umgang heute problematisch. Scheu vor dem Menschen ist ihm fremd. Und der Respekt in manchen Situationen auch.
Die Leute auf dem Reiterhof im Allgäu, wo Paulchen nun lebt, bemühen sich sehr, Paulchen ein abwechslungsreiches Dasein zu ermöglichen.
Und eben weil es trotz aller Schwierigkeiten für die Leute nie zur Debatte stand, den Fuchs wieder abschieben oder loswerden zu wollen, sehe ich mich dafür ein Stück weit in der Verantwortung.
Das bedeutet: ein kleiner Teil der Einnahmen durch Patenschaftsbeiträge geht ins Allgäu an diesen Reiterhof zur finanziellen Unterstützung für die angenommene Aufgabe und die dadurch entstehenden Aufwendungen. Darüber informiere ich auch in den Fuchspatenmails.
Zum anderen war das Gehege von Lucky im Tierpark in vielerlei Hinsicht nicht zufriedenstellend.
Ende 2011 fand ich dann ein Haus in Waldrandlage mit 5000qm Garten, das ideal für mein Vorhaben geeignet ist.
Die Wohnung in Regensburg habe ich daraufhin aufgegeben. Eigentlich wollte ich nie ein eigenes Haus, aber Lucky war mit seinen Argumenten wieder einmal überzeugender.
Gegenüber der Unterkunft im Tierpark haben die Füchse nun etwa 10mal so viel Platz, ein deutlich artgerechter strukturiertes, sehr viel abwechslungsreicheres Gehege, und nicht zuletzt ihre Ruhe. Was Lucky und Elfi sehr schätzen, denn ihr früheres Fuchsgehege im Tierpark war kaum 30 Meter vom Kinderspielplatz entfernt.